Trauer ist eine natürliche Reaktion auf einen Verlust und betrifft jeden von uns im Laufe des Lebens. Es ist also - wie der Schmerz - eine universelle Erfahrung. Das bedeutet, Trauer an sich ist nicht krankheitswertig und benötigt daher keine Behandlung im engeren Sinne. Die Unterstützung von trauernden Angehörigen wird daher als Trauerbegleitung bezeichnet. "Begleitung" bedeutet, einen Raum und eine Beziehung zu schaffen, in der Gefühle ausgedrückt werden können, Gedanken geteilt werden können, so wie sie eben gerade da sind.

Gerade bei schweren Verlusten erlebe ich immer wieder, dass Menschen verunsichert sind, ob die Art ihres Trauerns noch „in Ordnung“ ist. Das Trauern ist ein ganz individueller Prozess. Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Es gibt verschiedene Modelle des Trauerprozesses, mit denen versucht wird, Trauer zu erklären. Aber auch ein Trauerprozess, der davon abweicht, muss deshalb nicht krankheitswertig sein. Fest steht, Trauer verläuft nicht geradlinig. Es gibt im Prozess viele Schleifen, man kommt vielleicht zu Themen, die man schon abgeschlossen geglaubt hat. Bei einem schweren Verlust ist das sogenannte "Trauerjahr" außerdem viel zu kurz gegriffen. Oft beginnt der Schmerz nach einem Jahr noch einmal intensiver zu werden, bevor die Gefühle der Liebe mit der Zeit wieder mit weniger intensiver Trauer und Schmerz verbunden sein können. Das Trauern beinhaltet übrigens nicht ausschließlich Traurigkeit und Schmerz, sondern die ganze Palette an möglichen Gefühlen, darunter auch Wut oder Schuldgefühle. Um die Verarbeitung des Erlebten nicht zu blockieren ist es wichtig diese Gefühle nicht aus Scham zu unterdrücken, sondern hinzusehen woher sie kommen, sie auszudrücken und damit zu arbeiten.

Ich orientiere mich in meinem Verständnis von Trauer am hypnosystemischen Trauerverständnis von Dipl.-Psych. Roland Kachler. Das Ziel ist hierbei nicht das Loslassen/ die Trennung. Vielmehr geht es einerseits um die Realisierung der Abwesenheit des Verstorbenen im Außen, während im Inneren die Beziehung neu gestaltet wird.  Auch wenn der/ die Verstorbene im Außen nicht mehr da ist, bleibt ja die Beziehung zu ihm aufrecht. Eine absolute Trennung auf allen Ebenen kann hier nicht die Antwort sein und fühlt sich zumeist auch nicht richtig an. Das ist ein großer Anpassungsprozess, der Zeit und Kraft benötigt. Hierbei kann Unterstützung hilfreich sein.

Es gibt viele verschiedene Faktoren, die den Prozess beeinflussen, beispielsweise

  • Wie lange und/oder intensiv die emotionale Beziehung zum Verstorbenen ist. Auch eine sehr ambivalente Beziehung oder Beziehungen, die von Übergriffen geprägt waren, wirken sich auf den Trauerprozess aus.
  • Auf welches Lebensalter und auf welche Lebenssituation der Tod des lieben Menschen trifft. Kinder trauern beispielsweise aus vielen Gründen anders als Erwachsene.
  • Die Art des Todes ist ebenso relevant für den Trauerprozess. Beispielsweise, wenn ein Mensch unter traumatisierenden Umständen und sehr plötzlich stirbt, beziehungsweise zur sogenannten "Unzeit" (beispielsweise beim Tod eines Kindes).

Trauer bezieht sich außerdem auch auf den Verlust von Haustieren, Beziehungen, Lebenssituationen. Auch hier können sich Themen auftun, bei denen Unterstützung gut tut.

 

Der beratende Teil der Begleitung beschäftigt sich mit den ganz alltäglichen Fragen:

  • Wie mit der Wucht der Emotionen umgehen? Wann sich aus dem Alltag zurückziehen und wo lieber in sozialen Kontakt oder Aktivität gehen?
  • Wie viel "Pause" von der Trauer ist okay? Wie viel Ablenkung tut gut? Was braucht es an Auseinandersetzung?
  • Wie ist der Schlaf? Gibt es Schlafstörungen? Wie massiv sind diese? Welche Möglichkeiten des Umgangs und der Unterstützung gibt es hier?
  • Wenn andere Familienmitglieder mitbetroffen sind – wie mit ihnen umgehen oder sie unterstützen?
  • Wie sich anderen Menschen gegenüber positionieren, die vielleicht grenzüberschreitend agieren?
  • Und vieles mehr…

Es gibt hier nicht den einen richtigen Weg, genauso wie es nicht den einen gültigen Trauerprozess gibt. Es geht darum, Wege aufzuzeigen und den für einen persönlich richtigen zu wählen.

In manchen Fällen ist aber auch eine therapeutische Bearbeitung von Themen wichtig, beispielsweise, wenn der Tod des Verstorbenen traumatisierend gewesen ist (Großschadensereignisse, Unfälle, bei denen man selbst anwesend war, Suizid, etc.). Dann kann eine psychologische Therapie des Traumas eine hilfreiche Ergänzung bei der Verarbeitung darstellen.

Es gibt auch komplizierte Trauerverläufe, bei denen der Schmerz in einem dauerhaft hohen Ausmaß über einen langen Zeitraum bestehen bleibt - bei schweren Verlusten über zwei bis drei Jahre. Auch hier kann die therapeutische Arbeit an den zugrunde liegenden Themen hilfreich sein, beispielsweise wenn es über das Leben bereits viele und/ oder frühe Verlusterfahrungen gab oder auch etwas ganz anderes hinter dem Trauerverlauf steht.

Angebote der Caritas im Bereich der Trauerbegleitung finden Sie hier.

Buchtipp: Meine Liebe wird dich finden. Ein neuer Ansatz in der Trauerarbeit. Roland Kachler.

 

 

"Was bleibt, ist deine Liebe und deine Jahre voller Leben und das Leuchten in den Augen aller, die von dir erzählen" (Julia Engelmann)